Begeisternder Auftritt von Gerhard Schröder in Düsseldorf

Schon zwei Stunden vor dem Eintreffen des SPD-Vorsitzenden gab es rund um die Bühne in der Düsseldorfer Altstadt keinen leeren Platz mehr. Erwartungsfrohe Menschen aller Altersgruppen überbrückten die Wartezeit, indem sie Interviews mit den beiden Düsseldorfer SPD-Bundestagskandidaten Karin Kortmann und Michael Müller verfolgten und den lockeren Swingklängen der Formation „4 Your Soul“ lauschten.

Dann um kurz vor 17 Uhr der Auftritt der Polit-Prominenz. Als erster Redner versprach NRWSPD-Chef Harald Schartau unter dem Jubel der Zuhörer: „Gerd, wir sorgen dafür, dass du auch weiterhin in Berlin verantwortlich Politik gestalten kannst.“ Zum bayerischen Kandidaten meinte Schartau spöttisch: „Wir brauchen keinen in Berlin, dem seine Berater schon zwei Wochen vorher sagen müssen, wann er mal lachen soll. Edmund, bleib in Bayern!“
Den selben Faden nahm auch Wolfgang Clement am Schluss seiner Rede auf, in der er dem Kanzler ausdrücklich für sein spontanes Engagement bei der Bewältigung der Babcock-Borsig-Krise und für sein klares Eintreten für die Metrorapid-Pläne gedankt hatte: „Herr Stoiber, bleiben Sie da wo Sie sind, so leid mir das für die Bayern auch tut.“
Mit Blick auf das so genannte Kompetenzteam des bayerischen Möchtegern-Kanzlers meinte der NRW-Landeschef: „Eigentlich hätte er nur noch den Kohl in sein Team nehmen müssen, vielleicht als Schattenminister für Landwirtschaft und Sport.“ Da wurde den 8000 Zuhörern vor Lachen warm unter ihren längst aufgespannten Regenschirmen.

Die ideale Überleitung also zur Rede des Bundeskanzlers, der das Rednerpult strahlend und mit „Victory“-Zeichen betrat. „Was lehren uns die Krisen der vergangenen Wochen?“ fragte Schröder zu Beginn seiner Rede. „Sie zeigen, dass es nicht genügt, dass nur der Einzelne für sich selbst sein Glück sucht. Die einzigartige Solidaritätsbekundung mit den Hochwasseropfern hat gezeigt, dass es in unserem Volk mehr Gemeinsinn gibt, als es die Schwarzen und Gelben, diese ewigen Egoisten, wahrhaben wollen.“
Gerhard Schröder versprach, die Schäden der Flut in dieser Generation auszugleichen, um „keine Schulden auf die Schultern der kommenden Generationen“ zu übertragen. Mit Blick auf die verheerende Schuldenpolitik der Vorgängerregierung rief der Kanzler aus: „Wir denken nicht daran, uns von denen etwas übers Sparen erzählen zu lassen, die in 16 Jahren Regierungsverantwortung jegliche Kompetenz verspielt haben und einen gigantischen Schuldenberg von 1,5 Billionen Mark hinterlassen haben.“ Riesenbeifall des Publikums.

Unter dem Eindruck seines jüngsten Besuchs beim Weltklimagipfel in Johannesburg verteidigte Schröder die Umweltpolitik seiner Regierung und stellte klar, dass „ein vernünftiger Umgang mit den Energien nicht gegen vernünftiges Wirtschaften“ stehe. Schröder: „Wir können mit unserer Erde nicht so umgehen, als ob wir noch eine zweite im Kofferraum hätten.“
Beim Thema Arbeitsmarktpolitik räumte der Bundeskanzler ein, dass ihn die aktuellen Arbeitslosenzahlen sehr bedrückten. Allerdings, so formulierte Schröder unmissverständlich, lasse er sich keine Ratschläge von denen geben, die am Ende ihrer Regierungszeit „900 000 Arbeitslose mehr zu vertreten“ gehabt hätten. „Alles, was die anderen nun versprechen, ist 16 Jahre unter Kohl schon schief gegangen. Die Böcke von gestern dürfen nicht zu den Gärtnern von heute gemacht werden.“

Klar Stellung bezog der SPD-Vorsitzende gegen das Unwesen explodierender Vorstandsgehälter: „Es ist unerträglich, dass sich ein paar Manager die Taschen voll machen und ihre Arbeitnehmer auf die Straße setzen. Dieses Unwesen, das von Amerika zu uns rüberschwappt, wollen wir nicht und das werden wir verhindern.“

An die Wirtschaft appellierte der Bundeskanzler eindringlich, mehr Ausbildungsplätze anzubieten: „Wenn Ihr Ausbildungsplätze streicht, dann sägt ihr an dem Ast, auf dem ihr morgen sitzen wollt!" Schröder betonte zugleich, wer glaube, die Bundesregierung werde als Ausgleich für fehlende Ausbildung Arbeitskräfte von außen ins Land holen, der täusche sich gewaltig.
Auch zum Thema Bildungspolitik nahm Gerhard Schröder deutlich Stellung: „Ich werde nicht zulassen, dass die Frage, ob ein junger Mensch Bildungschancen erhält, von Papas oder Mamas Geldbeutel abhängt. Es muss darum gehen, was der Einzelne im Kopf hat."

Am Ende seiner kämpferischen Rede, die er mit einem klaren Nein zu Militäraktionen deutscher Soldaten im Irak abschloss, wurde Gerhard Schröder mit stehenden Ovationen gefeiert. Die 8000 auf dem Düsseldorfer Rathausplatz hatten einen mitreißenden Gerhard Schröder erlebt, der entschlossen, mutig und siegesgewiss in die Zielgerade des Wahlkampfs eingebogen ist