
Griese ist überzeugt, dass ein solcher Unterricht auch das Wissen und den Respekt vor anderen Religionen stärken könnte. "Ein guter christlicher Religionslehrer vermittelt ja auch Kenntnisse über das Judentum oder den Islam, umgekehrt wäre das ebenso wünschenswert." Nebenbei hätte ein deutschsprachiger Unterricht den Charme, dass die Inhalte den deutschen Stellen bekannt wären. "Um die Curricula abzusprechen, brauchten wir allerdings einen zentralen muslimischen Ansprechpartner, den wir derzeit nicht haben."
Der grüne Migrationsexperte Volker Beck ist jedoch zuversichtlich, "dass wir perspektivisch eine demokratisch legitimierte Vertretung der Muslime in Deutschland bekommen". Mit einer solchen Körperschaft öffentlichen Rechts könnte man nicht nur über die Lehrpläne verhandeln, sondern auch die Ausbildung der Lehrer. "Es ist nicht akzeptabel, dass muslimische Religionslehrer grundsätzlich im Ausland ausgebildet werden." Auch Grünen-Chefin Claudia Roth fordert, dass der Islamunterricht von Lehrern erteilt wird, "die an deutschen Hochschulen ausgebildet worden sind". Das ist keineswegs unrealistisch: So wurde vor zwei Jahren an der Universität Münster eine Professur für "Religion des Islam" eingerichtet, damit ist Münster die erste deutsche Hochschule, die Lehrer für den Islamunterricht ausbildet. Und einige Bundesländer haben bereits Modellversuche mit dem Islamunterricht gestartet.
Mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Länder mögen sich die Bundespolitiker auch nicht zur genauen Gestaltung des Islamunterrichts äußern, wohl aber zu seinen Vorteilen. "Eine kluge Anerkennung des Islam stärkt die gemäßigten Strömungen", sagt Beck. Auch gehöre die Kenntnis der großen Religionen zum "kulturellen Rüstzeug aller Bürger". Und die Kirchenbeauftragte der Union, Ingrid Fischbach, erhofft sich vom Islamunterricht mehr Transparenz: "Ein solcher Unterricht wäre hilfreich, weil die Arbeit der Moscheevereine oft nicht transparent ist. Im Bereich Integration entsteht aber gerade durch Nichtwissen oft Scheu oder gar Angst." Auch FDP-Kollegin Sibylle Laurischk hält für "bedenklich, dass die jetzigen Angebote im schulfernen Rahmen von deutschen Stellen nicht zu beeinflussen sind".
Noch wichtiger als eine mögliche Kontrolle ist der Liberalen Laurischk aber das "Signal für die Wertschätzung des Islam". Mit dem Schulunterricht würde die Ausgrenzung einer Religion beendet und die Integration in zweierlei Hinsicht befördert. Erstens gäbe es endlich von deutscher Seite ein Angebot für die vielen muslimischen Kinder. Zweitens würde "die Annahme der deutschen Sprache" gefördert, wenn man auf Deutsch den eigenen Glauben zum Thema mache. Sprache sei schließlich der Schlüssel zur Integration und ihre Förderung hier zu Lande viel zu lange vernachlässigt worden. Da ist Laurischk ganz nah bei Kerstin Griese, die sich "ein verbindliches, kostenloses Kindergartenjahr wünscht, damit ausländische Kinder vor der Einschulung Deutsch lernen". Nur dann könnten sie später auch dem deutschsprachigen Islamunterricht folgen.