Mit Solidaritaet und Eigenverantwortung Armut bekaempfen

Kirchenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion: Kerstin Griese

Den Ansatz, nicht nur allein durch Barmherzigkeit, sondern durch
Teilhabe Menschen den Weg aus der Armut zu ermoeglichen, ist
ausdruecklich zu begruessen.

Der EKD ist es mit dieser Denkschrift gelungen, den immer wieder
konstruierten Widerspruch von Verteilungsgerechtigkeit und
Chancengerechtigkeit aufzuloesen. Indem der EKD-Ratsvorsitzende
Bischof Huber die Teilhabegerechtigkeit in den Vordergrund
stellt, betont er, dass materielle Sicherheit zwar die
notwendige Basis ist, aber nicht ausreicht, wenn nicht auch die
Chancen der Menschen auf Teilhabe an der Gesellschaft gestaerkt
werden. In der Denkschrift heisst es dazu: "Nur durch die
Verbesserung der Teilhabegerechtigkeit ist eine dauerhafte
Sicherung vor Armut im Sinne von Ausgrenzung moeglich."

Die Evangelische Kirche in Deutschland stellt mit dieser
Denkschrift die Forderung nach mehr Teilhabe und Verbesserung
der Bildungschancen in den Mittelpunkt der Debatte um
Gerechtigkeit und Ueberwindung der Armut. Diesen Schwerpunkt
gibt es zu unterstuetzen. Eindrucksvoll macht die EKD deutlich,
dass wirtschaftlicher Wohlstand und soziale Gerechtigkeit in
einem reichen Land wie Deutschland untrennbar zusammengehoeren
muessen. Deshalb sind die zunehmende Spaltung der Gesellschaft
und das steigende Armutsrisiko, besonders bei Kindern, nicht
hinnehmbar.

Wenn Menschen ins Abseits geraten, ist das ein alarmierendes
Zeichen fuer die Demokratie, denn Armut bedeutet heute nicht
nur, kein Geld zu haben, sondern auch, eingeschraenkt an den
gesellschaftlichen und politischen Prozessen teilzuhaben oder
gar voellig davon ausgegrenzt zu sein. Hier ist die Empfehlung
der EKD richtig, neben finanziellen Transferleistungen besonders
mit aktivierenden und unterstuetzenden Hilfen Menschen den Weg
aus der Armut zu ermoeglichen. Die Forderungen gehen dabei von
einer dauerhaften staatlichen Foerderung im Niedriglohnsektor
bis hin zu verlaesslicher Kinderbetreuung. Ein gutes Bildungs-
und Betreuungsangebot fuer Kinder ist vor allem unverzichtbar,
wenn wir Menschen aus der Armut helfen wollen. Finanzielle
Unterstuetzung durch den Staat ist wichtig, um den Betroffenen
ein wuerdiges Leben zu ermoeglichen. Entscheidend ist aber,
ihnen Hilfen anzubieten, um selbstaendig und eigenverantwortlich
ihre Existenz sichern zu koennen. Das erreicht man, in dem man
auf Bildung setzt, die schon im Kleinkindalter beginnt, heisst
es dazu im Text der EKD.

Von allen Faktoren, die zu Verarmung fuehren, zeigt sich aus
mangelnder Bildung resultierende Arbeitslosigkeit als
deutlichste Ursache. Erfolg in der Schule und fruehkindliche
Bildung haengen unmittelbar zusammen. Bildung kann gar nicht
frueh genug beginnen. Bildungs- oder auch sprachliche und
soziale Schwaechen sind spaeter nur schwer auszugleichen. Das
Scheitern in der Schule und am Arbeitsmarkt sind haeufig die
Folgen. Armut zeigt sich bei betroffenen Familien und Kindern
nicht nur dadurch, dass sie wenig Geld haben, sondern dass sie
Bildungsdefizite haben, stellt die Denkschrift fest. Mit dem
Ausbau der Bildungs- und Betreuungsangebote fuer Kinder koennen
wir einen nachhaltigen Weg aus der Armut finden. Auch die
Forderung nach einem gebuehrenfreien Kindergartenplatz ab dem
zweiten Lebensjahr ist sehr zu begruessen. Ich freue mich, dass
wir dabei die Unterstuetzung der Evangelischen Kirche haben, die
selbst viele Kindertageseinrichtungen betreibt.

Dass Solidaritaet und Eigenverantwortung zusammen gehoeren,
zeigt die Denkschrift eindeutig. Neben der Staerkung der
Kompetenzen durch Bildung muss auch fuer die kleine Gruppe von
weniger Qualifizierbaren eine Chance auf Arbeit angeboten
werden. Ich sehe in den Ausfuehrungen der EKD zur staatlichen
Verantwortung fuer die Menschen Unterstuetzung fuer die Plaene,
dauerhafte staatliche Arbeitsplaetze fuer schwer Vermittelbare
oder gering Qualifizierte zu schaffen.

Positive Impulse aus dieser Denkschrift sind auch fuer unsere
Diskussion ueber die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme zu
erhoffen. Darin wird betont, dass es in Deutschland besonders im
internationalen Vergleich noetig ist, unsere sozialen
Sicherungssysteme verstaerkt und nachhaltig ueber Steuern zu
finanzieren.

Wir freuen uns auf die gesellschaftliche Debatte. Wir sind uns
als Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen einig mit der
Evangelischen Kirche im Bemuehen um eine nachhaltige Bekaempfung
von Armut und Unterstuetzung fuer die von Armut betroffenen
Menschen, mit dem Ziel, sie zu staerken und zu integrieren.