Ein großer Europäer aus Erkrath

Klaus Hänsch übergibt den goldenen Staffelstab an seine Nachfolgerin als Europaabgeordnete an Petra Kammerevert

30 Jahre lang gehörte Klaus Hänsch dem Europäischen Parlament an. Jetzt nimmt der 70-Jährige Abschied von der großen politischen Bühne. Die SPD im Kreis Mettmann dankte dem früheren Präsidenten des Parlaments (1994-97) mit einem Fest in seiner Heimstadt Erkrath.
Die Markthalle in der Erkrather Fußgängerzone, im Wortsinne eigentlich keine Halle, sondern ein Dach, ist am Donnerstagabend Schauplatz des Festes für Klaus Hänsch. Eine Dixie-Band macht Musik, die Menschen bleiben stehen, wollen wissen, was denn da los ist. Es riecht nach Bratwurst, und es gibt Neanderthaler Landbier. Die Besucher kommen mit Rucksäcken oder Aktentaschen, im Pullover oder im Anzug mit Krawatte.
Detlef Ehlert, Bürgermeister-Kandidat der SPD in Erkrath, heißt Einheimische und Auswärtige willkommen. Und es sind einige, die den Weg aus anderen Städten des Kreises nach Erkrath gefunden haben, um Hänsch zu feiern. Der war von 1972 an immerhin 14 Jahre des Unterbezirks der SPD, wie der Kreisverband damals noch hieß.
Doch bevor Hänsch ans Mikrophon darf, gibt Petra Kamerevert, die in dieser Woche 43 wurde, ihre Bewerbung als Hänschs Nachfolgerin für das Europaparlament ab. Gerade die Finanzkrise habe gezeigt, wie wichtig die Sparkassen sind. Für deren Erhalt habe die SPD gekämpft und sie werde sich weiterhin dafür einsetzen.
„Wer einmal Klaus Hänsch zugehört hat, der versteht Europa“, sagt Kreisvorsitzende Kerstin Griese in ihrer Laudatio. Und sie zitiert Helmut Kohl, der über Hänschs Amtszeit gesagt habe: „Es war eine glanzvolle Präsidentschaft.“ Grieses Fazit: Ein großer Europäer aus Erkrath.
Der „Europäer“ selbst steigt sofort ins Thema ein, das ihn 30 Jahre beschäftigte. Er spricht über ein Projekt von Recht und Gerechtigkeit, das keine Utopie mehr sei. „Es gibt keine Selbstregulierung der Märkte, es gibt nur eine Selbstzerstörung der Märkte“, sagt Hänsch, genau dies aber gelte es zu verhindern.
Kritik an dem Parlament habe es immer geben, und er gibt zu Bedenken, dass „Quasselbude“ ein Kampfbegriff der Nazis gewesen sei. „Was hätten unsere Väter, Großväter und Urgroßväter gegeben, wenn es in ihrer Zeit ein Parlament mit Vertretern aus 27 Ländern gegeben hätte“, ruft Hänsch den Menschen zu, „statt die Söhne in die Schützengräben zu schicken.“ Da ist es ganz still in der Markthalle, nur die Glocken des nahen Kirchturms sind zu hören.
Die Kameras der Fotografen sind alle auf die Bühne gerichtet, als Klaus Hänsch den symbolischen Staffelstab an Petra Kammerevert übergibt, unter dem anhaltenden Beifall der Zuschauer.
Finanzminister Peer Steinbrück, Kandidat der SPD für den Bundestag im Südkreis, räumt noch mit ein paar Vorurteilen auf. Zum Beispiel, dass Europa ein riesiger Wasserkopf sei: „Aber immer noch weniger als die Münchner Stadtverwaltung.“ Auch die Einführung des Euro werde von den Menschen kritisch beurteilt, es gebe so etwas wie die gefühlte Inflation, „zum Beipiel beim Glas Bier“. In Wirklichkeit aber sei die Inflationsrate geringer als in den letzten zehn Jahren D-Mark. Steinbrück ruft, insbesondere mit Blick auf faschistische Bewegungen, dazu auf, den 7. Juni ernst zu nehmen und an der Europawahl teilzunehmen.