Kein Platz für Währungs-Patriotismus

„Sie haben einen Rettungsschirm von 500 Milliarden Euro für die Banken aufgespannt, aber wir haben keine 100.000 Euro für die Sanierung der Schule meiner Kinder?“ Antworten auf diese und ähnliche Fragen müsse die Politik heute geben, erklärte Bundestagsabgeordneter Peer Steinbrück als Gast der Gesellschaft Verein zu Mettmann.

„Alle haben ein Interesse an einem funktionierenden Bankensystem“, versichert der frühere Bundesfinanzminister. Einen Zusammenbruch könne niemand wollen, große wie mittlere Unternehmen ebenso wenig wie Arbeitnehmer und Rentner. „Alle haben Interesse daran, dass das Arteriensystem der Wirtschaft mit Blut versorgt wird.“ Und daran, dass Erspartes nicht verloren ginge und Renten erhalten blieben.

Nicht entschieden sei allerdings die Frage, wer die Folgen der Finanzkrise zu zahlen habe. „Nach jetzigem Stand zahlt der Steuerzahler“, wirft Steinbrück der aktuellen Bundesregierung vor, die Transaktionssteuer für den Finanzmarkt nicht durchsetzen zu wollen. Diese Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte könne für Einnahmen von 10 Milliarden Euro sorgen, so dass der Steuerzahler nicht allein auf den Kosten der Finanzkrise sitzen bleibe. Steinbrück spricht sich dafür aus, eine Steuer von 0,1 Prozent einzurichten und die Steuer in allen Staaten einzuführen, die dazu bereit sind.

Die Finanzkrise habe aber auch die Frage aufgeworfen, wer den Taktstock in der Hand habe, „anonym entgrenzte Finanzmärkte oder aber die demokratisch legitimierte Politik“. Und deshalb schließe er sich ausdrücklich dem früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt an. Der habe festgestellt, dass es in allen möglichen Bereichen der Gesellschaft Regeln gebe, nur keine Verkehrsregeln für die Finanzmärkte. Diese zu schaffen sei vordringliche Aufgabe der Politik, um eine Wiederholung der Finanzkrise vermeiden zu können.

Steinbrück warnt ausdrücklich davor, als Folge der Krise und der Angriffe auf ganze Nationalstaaten den Euro in Frage zu stellen. „Der Euro ist stabiler, als es die D-Mark war, aber kaum einer redet darüber“, ruft Steinbrück dazu auf, einem gefährlichen Währungs-Patriotismus eine klare Absage zu erteilen.

47 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung gingen in den Export, 50 Prozent davon wiederum in die Eurozone. Die Bundesrepublik zahle netto 7,5 Milliarden Euro nach Europa, und das bei einer Wirtschaftsleistung von 2.500 Milliarden Euro. Zudem sei der Euro nicht nur Zahlungsmittel, sondern Bestandteil der fortgeschrittenen europäischen Union.

Die Zahlen machten deutlich: „Kein anderes Land profitiert so stark von einem intakten Euro wie die Bundesrepublik Deutschland.“

Über die GVM

Die 1861 gegründete Gesellschaft Verein Mettmann war zu Anfang eine Männergesellschaft, die sich bei ihrer Gründung an den englischen Clubs orientierte. Im Laufe der Jahre hat sie sich zu einer Bürgergesellschaft entwickelt, deren Markenzeichen ein breites offenes wirtschaftliches und gesellschaftliches Engagement ist. Die GVM setzt sich auf kommunaler und regionaler Ebene ein für die Stärkung der heimischen Wirtschaft. In ihrem Selbstverständnis sieht sie sich Organisationen wie Rotary und Lions nahe.