

Bildung ist der Schlüssel für die Zukunft unseres Landes und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Davon ist Peer Steinbrück überzeugt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete wirbt auf einer Veranstaltung in seinem Wahlkreis für einen chancengerechten, fairen Zugang zu Bildung. Denn Bildung entscheide auch über das Gelingen von Integration. „Das hat nichts damit zu tun, wo ich her komme.“
In der Peter-Ustinov-Gesamtschule in Monheim trafen Frauen und Männer aus Bund, Land und Kommunen zusammen, um vor rund 80 Zuhörern auszuloten, wie es um die Bildung bestellt ist und wie die zukünftige Entwicklung aussehen muss. Peer Steinbrück als Bundespolitiker macht deutlich, dass er in dem Föderalismus eines der größten Hindernisse für eine tiefgreifende Bildungsreform in Deutschland sieht. Es gebe großen Frust über den Fleckenteppich von Schulsystemen, ändern könne der Bund daran aber mittlerweile selbst sehr wenig, weil er auch noch die letzten Zuständigkeiten abgegeben und sich damit selbst kastriert habe. Der frühere Finanzminister Steinbrück sieht zudem auch eine dramatische Unterfinanzierung der Bildung in Deutschland: Es gebe Berechnungen, wonach dem Bildungssystem in Deutschland mindestens 25 Milliarden Euro im Jahr fehlten.
Schon die Kindertagesstätten gehörten zur Bildungskette, betont Ute Schäfer, Familienministerin des Landes. Sie findet es unerträglich, dass es vom Wohnort abhängig ist, ob und wieviel Eltern für Kindergärten bezahlen müssten. Während der Kita-Besuch in Düsseldorf die Eltern inzwischen nichts mehr koste, müssten beispielsweise in Gelsenkirchen erhebliche Beiträge aufgebracht werden. Ziel der Landesregierung sei es deshalb, zumindest erst einmal das letzte Kita-Jahr beitragsfrei zu stellen. Die Ministerin ist aber auch dafür, dass nicht schon Schulbildung in die Kindertagesstätten Einzug halte, hier müsse es bei der Elementarbildung bleiben. Die frühere Schulministerin des Landes hält die Einführung des Zentralabiturs, die in ihrer Zuständigkeit vorgenommen wurde, für eine richtige Entscheidung. Denn inzwischen hätten gerade die Gesamtschulen ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen können, die ihnen Gegner zuvor immer abgesprochen hatten. Und auch die Ganztagsschule ist für Ute Schäfer eine richtige Entwicklung: „Das heißt: Mittags keine Pommes und Fernsehen erst ab Fünf.“
Gitti Girschewski, Leiterin der evangelischen Kindergartens Düsseler Tor in Wülfrath, ist froh, dass Kitas als Teil des Bildungssystems überhaupt wahrgenommen werden. Die unzureichende finanzielle Ausstattung habe zur Folge, dass die Gruppen zu groß und die Erzieherinnen überlastet werden. Unsicherheit in Erziehungsfragen gibt es schon bei Eltern der Kita-Kindern, hat Gitti Girschewski festgestellt.
Der Anteil der Schüler, die durch die Schullandschaft laufen, ohne dass wirklich Bildungszuwachs entstehe, nehme immer mehr zu, beklagt Manfred Hoffmann, seit über 30 Jahren Lehrer am heutigen Berufskolleg Neandertal in Mettmann. Die Kollegs seien heute schon eine funktionierende Gemeinschaftsschule, die mehr Schüler zur Fachhochschulreife bringe als die gymnasiale Oberstufe. Aber auch hier landeten immer mehr Schüler ohne jeglichen Abschluss, die eigentlich arbeiten wollten, wegen deutlicher Lese-, Schreib- oder Rechenschwäche dazu aber keine Chance haben. Diese jungen Menschen bräuchten emotionale Zuwendung bis in die Familie hinein, so Hoffmann. „Wir Lehrer an der Berufsschule sind damit überfordert“, setzt Hoffmann sich dafür ein, neben Lehrern andere Kompetenzen an die Schulen zu bringen.
In die gleiche Richtung geht die Kritik von Michael Schlemminger-Fichtler. Deutschland dürfe sich 80.000 Schulabgänger ohne Abschluss nicht leisten, ist der frühere Leiter der Ustinov-Gesamtschule überzeugt, ebenso wenig wie die Selektion von Zehnjährigen. „Wir müssen überlegen, wie wir die Institution Schule so ausstatten, dass wir die Defizite elterlicher Erziehung kompensieren können“, fordert Schlemminger-Fichtler tiefgreifende Veränderungen. Nur durch den Aufbau von echten Beziehungen könnten die Lehrer ihre Schüler auch erreichen. Um das zu schaffen, hält Schlemminger-Fichtler eine Veränderung der Lehrerausbildung für seit Jahrzehnten überfällig. Und Fortbildung müsse für Lehrer zwingend vorgeschrieben werden. Die Schule werde auch in Zukunft nicht daran vorbei kommen, ihren Erziehungsauftrag wahrzunehmen, denn: „Ein Teil der Eltern ist nicht erziehungsfähig.“