„Nur wenn es unseren Nachbarn gut geht, wird es auch uns gut gehen.“

Da sage noch jemand, die Jugend würde sich nicht für Politik interessieren. Über eine Stunde konnte sich der ehemalige Bundesfinanzminister und jetzige Bundestagsabgeordnete im Südkreis, Peer Steinbrück, im Mettmanner Berufskolleg vom Gegenteil überzeugen.

„Was war das beeindruckenste Erlebnis in Ihrem bisherigen politischen Leben, fragt der erste Schüler. „Ohne Zweifel der Kniefall von Willy Brandt 1971 in Warschau“, so Steinbrück, „die wohl größte Geste in der deutschen Politik. Spontan und ehrlich als Entschuldigung für die vielen Millionen Opfer die das Nazi-Regime über Europa und die Welt gebracht hat.“
Weiter ging’s mit der Frage zur Euro-Krise und zur Euro-Zukunft: „Der Euro muss stabilisiert werden und wir müssen den Ländern, die aus den unterschiedlichsten Gründen zu hoch verschuldet sind, helfen. Nur wenn es unseren Nachbarn gut geht, wird es auch uns gut gehen.“

Die Selbstverständlichkeit mit denen junge Leute heute in andere europäische Länder reisen und wie selbstverständlich dort arbeiten, studieren und zur Schule gehen, ist eine große Errungenschaft der Europäischen Union. dürfte Peer Steinbrück machte grundsätzlich deutlich, dass Europa nicht wieder in die Kleinstaaterei zurückfallen dürfe und das es selbstverständlich bleiben müsse, überall in Europa zu arbeiten und zu studieren, dass gerade heute junge Leute ein Europa genießen können, dass bis Mitte des letzten Jahrhunderts noch tief verfeindet war. „Für mich sind dies noch wichtigere Gründe, für den Euro zu kämpfen, als die wirtschafts- und finanzpolitischen.

Peer Steinbrück war auf Gegenbesuch in die Schule gekommen, denn im Herbst war die Klasse auf Klassenfahrt in Berlin und hatte dort den Abgeordneten getroffen. Der Einladung einmal den Politikunterricht zu leiten war Steinbrück gerne nachgekommen.

Der Themenfächer war so breit, dass er hier nur kurz wiedergegeben werden kann: Steuersenkungen: „Wird es nicht geben, weil wir zu hoch verschuldet sind, dass muss erst mal abgebaut werden und wir haben zu investieren z. B. in Bildung.“

Atomausstieg? In einer Abstimmung in der Klasse stimmten ca. 80% für den Ausstieg. „Da bin ich auch für, so Steinbrück, ich bin mir aber nicht sicher, ob wir das in zehn Jahren schaffen. Nicht das ob steht im Vordergrund dieser Debatte, sondern das wie. Wir müssen Energiesicherheit gewährleiten und Preisstabilität. Für den Einzelnen aber auch für die Industrie.“

Integration? „Ein ganz wichtiges Thema, sonst hätte Sarrazin (dessen Thesen ich übrigens ablehne) nicht so viele Bücher verkauft. Die Politik, aber auch die Migranten selbst müssen mehr tun für die Integration. Auch hier ist Bildung wieder ein Schlüsselwort.“
Bildung? „Wir brauchen im Bildungsbereich mehr integrierte Bildungsgänge, die Übergänge müssen einfacher werden, die Zergliederung des Schulsystems ist negativ.“ Direkt an die Schüler gewandt machte Steinbrück deutlich: „Ihr müsst gute Abschlüsse machen, sonst habt ihr keine Chancen.“

Weiter ging´s bei der Diskussionsrunde mit Fragen zur Terrorismusbekämpfung, Globalisierung, Rechtspopulismus, Föderalismus, Entwicklungshilfe und der unvermeidlichen Frage nach Herrn von und zu Guttenberg. Steinbrück dazu: „Sein Nachfolger, Herr de Maiziere, macht einen sehr guten Job. Nach seiner Regierungserklärung letzte Woche habe ich ihm Beifall geklatscht. Das kann auch schon mal aus der Opposition tun.“