

Steinbrück im Steinbruch:
Die Verpflichtung, im Sinne des Klimaschutzes den Ausstoß von Kohlendioxid zu verringern, stellt die Kalkindustrie vor erhebliche Probleme. Denn der Rohstoff Kalk kommt in der Natur nicht vor, er wird ausschließlich aus Kalkstein gewonnen. Der Anteil des Kohlen-dioxids an Kalkstein aber liegt bei 44 Prozent. So entsteht bei der Herstellung von einer Tonne Kalk unweigerlich auch Kohlendioxid; pro Tonne Kalk 1 bis 1,2 Tonnen CO2 je nach Ofentyp und Brenn-stoffen. Und das Unternehmen Rheinkalk in Wülfrath, bei dem Peer Steinbrück jetzt zu Gast war, produziert deutschlandweit rund 3 Milli-onen Tonnen gebrannten Kalk im Jahr.
Dass die Kosten für den Emissionshandel die belgische Lhoist-Gruppe, zu der Rheinkalk gehört, erheblich belasten, machte Ge-schäftsführer Olivier Drevon im Gespräch mit Steinbrück deutlich: Irgendwann werde es billiger, Kalk in Nordafrika oder der Türkei zu produzieren, wenn die Kosten für den Emissionshandel zu stark steigen. Das werde dann weltweit den Ausstoß von Kohlendioxid nicht verringern, sondern im Gegenteil nur noch erhöhen, weil die Kosten für den Transport noch hinzukämen.
Steinbrück sagte zu, in Berlin auf die spezifische Problematik der Kalkindustrie aufmerksam zu machen. Aus seiner Sicht ist es uner-lässlich, dass Deutschland ein starker Industrie-Standort bleibt. „Das hat uns besser durch die Krise gebracht als andere Länder.“
Während Kohlendioxid ein Thema auf europäischer Ebene ist, brennt Rheinkalk ein Thema unter den Nägeln, das in Düsseldorf entstehen könnte. Die Pläne für die Erhöhung des Wasser-Cents sind für Drevon das nächste Ungemach. Denn ohne Kalksteinwä-sche ist keine Produktion möglich, so dass eine Wasser-Abgabe das Unternehmen erneut belasten würde. Steinbrück will in dieser Ange-legenheit zwischen Industrie und Politik vermitteln.
Vor allem Verlässlichkeit erwartet ein Unternehmen wie Rheinkalk von der Politik, erläutert Michael Liell, Geschäftsführer Vertrieb. Dar-unter versteht er „Rahmenbedingungen, die für eine gewisse Zeit gelten“, auf die man sich verlassen könne, ohne stets mit neuen ge-setzlichen Vorgaben rechnen zu müssen.
Vor Ort erlebte der Bundestagsabgeordnete eine Sprengung im Steinbruch Rohdenhaus. Rund drei Tonnen Sprengstoff braucht das Unternehmen täglich allein in Europas größtem Kalkwerk in Wülfrath. Bei zwei Sprengungen wurden zusammen rund 50.000 Tonnen Kalkstein gelöst, ohne größere Erschütterungen, Lärm oder Staub-belästigung.
Alltag für die Kalkwerker: Zwei bis drei Sprengungen am Tag – immer gegen 11 Uhr vormittags. Die zwölf Skw des Unternehmens bringen das Material zum Brecher, der den Stein zu kleinen Körnungen zer-mahlt. 96 Tonnen kann ein Schwerlastwagen dabei transportieren, jeder Skw hat 1.000 PS.
10 Millionen Tonnen Kalkstein werden im Jahr bei Rheinkalk aus den Wänden der Brüche gewonnen. Das gewaschene und gebrochene Material wird entweder als Kalkstein verkauft oder in Öfen bei bis zu 1.200 Grad weiter veredelt.
Wichtigste Abnehmer sind die Eisen- und Stahlindustrie, insbeson-dere für die Stahlherstellung, die chemische und die Glasindustrie sowie die Bauwirtschaft. In Kraftwerken wird Kalk zur Rauchgasrei-nigung gebraucht.
Bis zum Jahr 2048 reichen nach Berechnungen von Rheinkalk die Vorkommen in den Wülfrather Steinbrüchen Rohdenhaus und Sil-berberg. Dann wird die unterste Sohle des Steinbruchs Rohdenhaus 160 m tiefer liegen als heute.