
„Vertraut den Politikern, die euch die Wahrheit sagen“, appellierte Franz Müntefering an das Publikum im Forum Niederberg. Das SPD-Urgestein berichtete bei „Kerstin Griese trifft …“ über die Folgen einer alternden Gesellschaft. Griese fragte Müntefering auch nach der „Rente mit 67“, die ab 2029 gelte und immer noch umstritten sei. Eins habe er trotz Volksschule Sauerland gelernt: „1 und 1 ist 2“, rechnete er vor. Weniger Kinder haben, später in den Beruf gehen, länger leben und länger Rente zahlen: „Das kann nicht gehen.“
Müntefering plädierte dafür, das Leben nicht mehr an dem „Hau-den-Lukas-Prinzip“ zu organisieren. Hierbei würde man nach dem Senioritätsprinzip immer eine Karrierestufe nach der anderen erklimmen, bis auf einen Schlag die Luft raus sei. Besser sei es, das Leben wie eine ballistische Kurve zu gestalten und auch einmal seinen Beruf zu wechseln, sagte der SPD-Politiker.
Kerstin Griese und Franz Müntefering waren sich einig darin, dass die älter werdende Gesellschaft große Herausforderungen an die Stadtentwicklung stelle. „Städte müssen gleichermaßen kinderfreundlich und seniorengerecht sein, wenn sie attraktiv sein wollen“, sagte Griese. Müntefering kritisierte nachdrücklich, dass die Bundesregierung das Programm „Soziale Stadt“ von 100 Millionen auf 29 Millionen Euro zusammengestrichen hat.
Griese sagte, dass unter anderem Velbert durch den noch von der rot-grünen Bundesregierung initiierten Betreuungsausbau an Grundschulen und Kitas viel für eine zukunftsfähige Stadt getan habe. Gleichzeitig kritisierte sie das von Schwarz-Gelb beschlossene Betreuungsgeld als „Fernhalteprämie“ von den Förder- und Bildungsangeboten einer Kita.
Franz Müntefering hat sich in den letzten Jahren viel mit der größer und älter werdenden Seniorengeneration beschäftigt. „Wir müssen Ältere in Kontakt bringen mit Hilfsbedürftigen und Einsamen“, sprach er sich für die Stärkung des Ehrenamtes aus. Vieles könne man nicht mit einem Bundesgesetz regeln, verdeutlichte er den 150 Bürgerinnen und Bürgern, die dem angesehenen SPD-Politiker gespannt zuhörten.
Schon am Freitag hieß es „Kerstin Griese trifft … Peer Steinbrück“ im Wülfrather Paul-Ludowigs-Haus. Seine erfolgreichste Karriere sei die eines Parkwächters vorm Hamburger Volksparkstadion gewesen, erzählte Steinbrück gleich zu Beginn, als Griese ihn nach seinem Werdegang befragte. Da habe er sich in kurzer Zeit von den Fahrrädern über die Motorräder bis zu den Autos hochgearbeitet, sagte er und sorgte für die ersten Lacher.
Ernst wurde Peer Steinbrück, als er auf die Finanzkrise einging und deutliche Kritik an den Banken äußerste. Er verstehe die Bürger, die sich fragen, warum Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.
„Viele Menschen haben den Eindruck, dass die Politik nicht mehr den Taktstock in der Hand hat.“ Bundestagsabgeordneter Peer Steinbrück ist überzeugt, dass die „Exzesse auf den Finanzmärkten“ auch der Politik geschadet haben. Die Gegenbewegung, die jetzt in Gang gekommen sei, richte sich nicht nur gegen die Allmacht der Finanzmärkte, sondern sei auch Ausdruck einer Enttäuschung über die Politik.
„Wir stehen an einer Wegmarke“, sagte der Ex-Finanzminister zum momentanen Zustand der Europäischen Union. „Kehren wir zurück zu einer Renationalisierung – monetär und politisch? Oder gehen wir zu einer politischen Union und eine Fiskalunion?“ Kerstin Griese plädierte darüber hinaus für eine Sozialunion und verwies auf die Folgen der Krise für die Menschen gerade in Ländern wie Griechenland. „Nur wenn es soziale Fortschritte gibt, kann die europäische Idee überleben.“
Die beiden SPD-Abgeordneten für den Kreis Mettmann waren sich in ihrer Kritik an der Bundesregierung einig. „Diese Steuerpolitik empfinde ich als Skandal“, so Steinbrück. In der Schuldenkrise eine Steuersenkung auf Pump zu finanzieren, sei eine „absolute Granate“. Als „Pausentee für einen Mitspieler auf Abstieg“ bezeichnete er das Zugeständnis an die FDP.