
Aktuell diskutieren wir auch in den Städten und Fraktionen im Kreis und den kreisangehörigen Städten intensiv über den Entwurf des neuen Regionalplans. Eines wird hierbei immer wieder deutlich: Das sinnvolle und notwenige Ziel, den Flächenverbrauch deutlich zu reduzieren und gleichzeitig dem teilweise wachsenden Wohnraumbedarf in der Zukunft zu befriedigen, stellt einige Städte – insbesondere im „Speckgürtel“ von Köln und Düsseldorf – vor Herausforderungen. Doch ist das immer weitere Ausweisen von neuen Wohngebieten im Freiraum wirklich die einzig sinnvolle Alternative?
Die Stadt Düsseldorf hat bisher den Wohnbedarf der wachsenden Bevölkerung nicht decken können. Ursachen hierfür waren sicher auch Fehler in der Planung unter der ehemaligen Stadtspitze und schwarz-gelben Ratsmehrheit, die ausschließlich auf hochpreisige Eigentumswohnung und -hausbau setzte. Im Umfeld der Stadt Düsseldorf führte und führt dies zu einem "Überschwappeffekt": Wohnungssuchende und insbesondere (junge) Familien, die an Wohneigentum mit Garten interessiert sind, suchen Angebote (Wohnungen und Häuser) in den benachbarten Städten.
Dies wird von den Städten durchaus positiv gesehen, da durch diesen Zuzug ansonsten befürchtete Einwohnerverluste (zumindest zu einem Teil) ausgeglichen werden können. Um an diesem Zuzug zu partizipieren, weisen die Kommunen bauleitplanerisch Neubaugebiete aus. Bevorzugt (man könnte auch sagen: immer) werden diese Neubaugebiete mit Eigentumsbebauung (zumeist als Reihen-/Doppelhausbebauung) ausgewiesen. Die Vermarktung der Gebäude ist unproblematisch, was im weitere zu der Argumentation führt: Der Bedarf ist da, der Markt regelt das.
Eine im ersten Moment überzeugende Argumentation.
Dem stehen aber gravierende negative Effekte entgegen.
-Die Flächen für die neuen Bebauungen sind dann als kritisch anzusehen, wenn sie auf bisher nicht baulich genutzten Flächen außerhalb der Städte erfolgen. Dies führt zu einem weiteren nicht zu vertretenden Flächenverbrauch. Sie ist damit nicht mit dem bundesweiten und NRW-Zielen zur Vermeidung von Flächenverbrauch („5ha-Ziel“) vereinbar.
-Die öffentliche Infrastruktur (Straßen, Kanalisation und Versorgung) muss für die Erschließung der Neubaugebiete erweitert werden, dies führt zu einer dauerhaften Kostenbelastung der Kommunen für Betrieb und Unterhalt.
-Durch die Neuausweisung von Baugebieten und die erfolgende Bebauung verlieren vorhandene ältere Baugebiete an Wert und Einwohnern. Dies wiederum führt oftmals zu Verlust von Attraktivität und Nahversorgung (Einzelhandel, Nahverkehr).
Um diese negativen Effekte zu vermeiden sollten die bestehenden Wohngebiete der 50iger bis 70iger Jahre modernisiert und dadurch Inwertgesetzt werden.
-Der Generationswechsel in den älteren Wohngebieten muss unterstützt werden; wer als älterer Mensch auf 120 m2 Wohnfläche mit einem großen zu pflegenden Garten wohnt, muss damit nicht automatisch glücklich sein.
-Dem weit überwiegenden Ansinnen älterer Menschen, in ihrem angestammten Wohngebiet auch alt werden zu können, muss in geeigneter Weise (Wohn)raum geschaffen werden; dieser muss nah, barrierefrei und soweit gewünscht mit gemeinsamen Gartenbereichen realisiert werden.
-Im Rahmen der Inwertsetzung müssen energetische Sanierung und Barrierefreiheit mitgedacht werden.
-Durch den Generationswechsel und die Inwertsetzung der Bebauung und die hierdurch erfolgende höhere Wohndichte, die dann wieder der Dichte von Neubaugebieten entsprechen würde, wird gleichzeitig auch die vorhandene öffentliche und private Infrastruktur der Wohngebiete (Straßen, Kanalisation, Einzelhandel u.a.) wieder effektiv genutzt und trägt damit zu einer Kosteneinsparung der Kommunen bei.
-Gesteigert werden kann dieser Effekt dann noch, wenn die Siedlungsstruktur der Wohngebiete noch Baureserven beinhaltet – was bei Gebieten aus den 50- und 60iger Jahren nicht selten ist. Durch Dachgeschossausbau, Anbauten oder zusätzliches Bauen in großen Gärten kann dann zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden.
Um diese positiven Effekte zu unterstützen fehlen aber geeignete Instrumente und Beratungsmöglichkeiten. Hier könnte ein kommunales Beratungsangebot mit Unterstützung durch die örtliche Architektenschaft und die Kreishandwerkerschaft ein Lösungsansatz sein. Durch eine interkommunale Zusammenarbeit könnte der personelle und inhaltliche Einsatz der einzelnen Städte reduziert werden. Da die Reduzierung des Flächenverbrauches auch ein wichtiges landespolitisches Ziel ist, könnte ein solches Beratungsangebot auch Modellcharakter haben und durch eine landesseitige Förderung gegebenenfalls unterstützt werden.
In die gleiche Richtung geht der Vorschlag der Industriegewerkschaft Bau-Agrar-Umwelt, die eine Umzugsprämie und Beratungsangebote für Senioren vorschlägt, um einen Wohnungstausch zu großer (und oft nicht altersgerechter) Wohnungen gegen eine ausreichend große und altersgerechte Wohnung auch finanziell zu unterstützen. Mit einer Prämie für den Tauschenden, die ihn von Umzugs- und Renovierungskosten entlastet. Dabei geht es der Gewerkschaft keinesfalls darum, Ältere zwangsweise aus ihren Wohnungen oder ihrem bisherigen Wohnumfeld zu vertreiben. Vielmehr ist es die Idee, eine Gewinnsituation für „alt und jung“ zu erreichen. Auch dadurch kann vermieden werden, dass ältere Menschen allein deshalb ins Pflegeheim gehen müssen, weil eine ambulante Betreuung wegen der Ausstattung und der Übergröße ihrer Wohnung nicht möglich ist.