Dieser Agrarreform mangelt es an Klimaschutz, Umweltschutz und Fairness – Drei Verordnungen; Debatte am Dienstag, 23.11.2021, ab 9 Uhr; Abstimmungen ab 12 Uhr
Nach dreijährigen Verhandlungen stimmen die Europa-Abgeordneten in der kommenden Woche über die Reform der EU-Agrarpolitik final im Plenum ab. Die SPD-Europaabgeordneten lehnen die vorliegenden Pläne ab. Denn die Reform wird die europäische Agrarpolitik zwar administrativ grundlegend verändern, es ist aber nicht gelungen, sie nachhaltiger und fairer auszugestalten. Das hat in den Trilog-Verhandlungen vor allem der konservativ dominierte Rat blockiert. Die neue Agrarpolitik sieht zukünftig vor, dass die EU-Mitgliedstaaten in sogenannten Nationalen Strategieplänen erklären müssen, wie die jeweilige nationale Landwirtschaftspolitik zur Erreichung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik beiträgt. Die Zielerreichung soll über die gesamte Förderperiode mithilfe von Zielmarken und Indikatoren gewährleistet werden. Neuartig sind auch die sogenannten Öko-Regelungen, mit denen Landwirt*innen einen effektiven Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten sollen. Leider fallen sowohl das Budget für diese Maßnahmen als auch deren Ausgestaltung hinter den Vorstellungen der Europa-SPD für eine nachhaltigere Agrarpolitik zurück. Das Europäische Parlament konnte sich leider nicht mit der Forderung nach einer Obergrenze für Direktzahlungen von Betrieben sowie höhere Umweltauflagen für den Erhalt von europäischen Fördergeldern durchsetzen.
Grenzüberschreitende Arbeit erleichtern – EU-Sozialversicherungsnummer einführen – Resolution; Debatte sowie Statement von der EU-Kommission am Montag, 22.11.2021, ab 17 Uhr. Abstimmung am Dienstag, 23.11.2021, 12 Uhr bis 14 Uhr
EU-Bürger*innen, die beispielsweise in einem anderen EU-Land arbeiten oder studieren, müssen bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit nachweisen, dass sie sozialversichert sind. Entweder haben sie in dem Land, wo sie sich temporär aufhalten, Ansprüche erworben oder können sich Versicherungszeiten anrechnen lassen, die sie in anderen EU-Ländern gesammelt hatten. Damit die gegenseitige Anerkennung zukünftig reibungslos funktioniert, fordert das Europäische Parlament die Kommission auf, einen Vorschlag für eine europäische Sozialversicherungsnummer vorzulegen. Die EU-Sozialversicherungsnummer würde die Prüfung von Sozialleistungsansprüchen erleichtern und Sozialbetrug verhindern, weil Inspektor*innen besser – und in Echtzeit – den Versicherungsstatus kontrollieren könnten. Stimmt die Mehrheit des Parlaments für die Resolution, erhöht diese den Druck auf die EU-Kommission, entsprechende Gesetzgebung vorzulegen. Dies hat die Kommission bisher verweigert und stattdessen ein Pilotprojekt zu einem Sozialversicherungspass gestartet, der nach jetzigem Kenntnisstand nicht die gleichen Funktionen wie die EU-Sozialversicherungsnummer vorsieht.
Arzneimittelstrategie – EU gegen Gesundheitskrisen stärken – Initiativbericht; Debatte am Montag, 22.11.2021, 17 bis 21.30 Uhr; Abstimmung am Dienstag. 23.11.2021, 12 Uhr bis 14 Uhr
Die Pandemie hat Lücken in der europäischen Gesundheitsvorsorge aufgezeigt. Der Initiativbericht zur europäischen Arzneimittelstrategie für Europa zielt darauf ab, einen zukunftssicheren Rechtsrahmen zu schaffen. Dabei sollen Patientin und Patient wieder in den Vordergrund gestellt werden. Der Bericht betont die Notwendigkeit, den Zugang der Patient*innen zu sicheren, bezahlbaren und wirksamen pharmazeutischen Behandlungen zu gewährleisten und gleichzeitig die Arbeit der pharmazeutischen Industrie über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg umweltfreundlich und klimaneutral zu gestalten. Weitere Empfehlungen sind unter anderem die Einführung eines EU-Therapieleitfadens für Antibiotika sowie koordinierte Sensibilisierungskampagnen zur Antibiotikaresistenz (AMR). Thematisiert werden in dem Bericht zudem die Förderung von Arzneimitteln „Made in Europe“ durch eine Stärkung der EU-Produktions- und Lieferstabilität, die Entwicklung angemessener Kapazitäten für die nachhaltige Produktion von Wirkstoffen, Rohstoffen und Arzneimitteln, damit die Abhängigkeit von externen Quellen verringert wird sowie eine Stärkung der Transparenz in Bezug auf die Forschung und Entwicklung neuer Arzneimittel.
Polen-Belarus-Grenze: EU muss Menschen helfen und Lukaschenko sanktionieren – Debatte und Statements von Kommission und Rat; Dienstag, 23.11.2021, ab 15 Uhr
Die humanitäre Katastrophe an der polnisch-belarussischen Grenze ist untragbar. Das belarussische Regime lockt Menschen mit falschen Versprechen an die Grenze und überlässt sie dort ihrem Schicksal. Notwendige EU-Sanktionen werden nun immerhin zeitnah erlassen und bereits jetzt gelangen weniger Menschen nach Belarus. Darüber hinaus muss Polen Vertreter*innen von Medien, NGOs, Zivilgesellschaft und EU-Agenturen Zugang zur Grenzregion gewähren. Zudem müssen die EU-Staaten die Aufnahme der Flüchtlinge vereinbaren, um ihre Asylanträge zu prüfen. Dies wird nicht zuletzt von der nationalkonservativen PiS-Regierung seit Jahren im Rat blockiert. Ebenfalls widersprüchlich: Während Manfred Weber Donald Trumps Plan einer Grenzmauer zu Mexiko scharf kritisiert hatte, will der EVP-Chef an der europäischen Grenze die Errichtung einer Befestigung mit EU-Mitteln unterstützen.Die Situation darf nicht militärisch gelöst werden. Deswegen muss verhindert werden, dass die NATO involviert wird. Es darf kein Präzedenzfall geschaffen werden, den Bündnisfall im Fall von ungewollter Flucht und Migration in Erwägung zu ziehen. Hungernde, frierende und entkräftete Menschen sind kein “bewaffneter Angriff“.
Bilanz der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow – Vorsätze umsetzen – Debatte mit EU-Kommissionspräsidentin und Rat am Mittwoch, 24.11.2021, 9 bis 11.50 Uhr.
Nach ersten Berechnungen würden die neuen Langfristklimapläne nach der Konferenz in Glasgow die Erderhitzung auf 1,9 Grad Celsius begrenzen. Vor der Konferenz steuerte die Welt noch auf eine Erhitzung um 2,2 Grad Celsius zu. Die Weltgemeinschaft kommt den Pariser Klimazielen damit schon ein gutes Stück näher, die klaffende Lücke zum 1,5-Grad-Ziel konnten die Teilnehmer*innen der COP26 allerdings nicht schließen.
Unter den Blinden ist der Einäugige König, und so ging die EU als Vorreiterin nach Glasgow, wird aber selbst noch für eine Paris-kompatible Klimapolitik nachlegen müssen. Obwohl die EU mit dem Green Deal, dem europäischen Klimagesetz und dem Fit-for-55-Klimapaket umfassende Maßnahmen zur Hand hat, wird sie ihr Ziel, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken, auf dem aktuellen Pfad nicht erreichen.
Damit aus den guten Vorsätzen keine heiße Luft wird, müssen die Regierungen sie jetzt mit konkreten Maßnahmen unterlegen. Schon auf der Kurzstrecke, bis 2030, sind aus Sicht der Sozialdemokrat*innen deutliche Emissionsreduktionen nötig, um die Pariser Klimaziele einzuhalten.
Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen mit qualifizierter Mehrheit ratifizieren – Debatte mit Rat und Kommission am Donnerstag, 25.11.2021, ab 9 Uhr
Zum Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen am Donnerstag, den 25. November 2021, erhöhen die sozialdemokratischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments den Druck auf alle EU-Mitgliedstaaten, endlich die entsprechende Istanbul-Konvention zu ratifizieren.
Dieses Übereinkommen des Europarats ist ein 2011 ausgearbeiteter völkerrechtlicher Vertrag, der verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt schafft. Auf seiner Grundlage sollen sie verhütet und bekämpft werden
Bislang war die Ratifizierung unter dem Verweis blockiert, dass ein EU-Beitritt nur mit einstimmiger Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten erfolgen könne. Ein Urteil des EuGHs stellt nun jedoch richtig: Zwar kann die Entscheidung einstimmig gefällt werden, sie muss es aber nicht. Um keine weitere Zeit verstreichen zu lassen, Frauen in der EU endlich den Schutz zukommen zu lassen, den sie verdienen, sowie um geschlechtsspezifische Gewalt konsequent zu bekämpfen, sollte daher auf die Einstimmigkeit verzichtet werden. Die Qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten sollte die Ratifizierung aus Sicht der Sozialdemokrat*innen umgehend beschließen. Rat und EU-Kommission werden in der kommenden Plenarwoche dazu Stellung nehmen und ihre zukünftige Herangehensweise darlegen.
Den Welthandel fit fürs 21. Jahrhundert machen – WTO-Minister*innen-Konferenz – Resolution; Debatte am Dienstag, 23.11.2021, ab 15 Uhr bis 22.30 Uhr. Abstimmung am Mittwoch, 24.12.2021, 12.30 Uhr bis 14.30 Uhr
Die Welthandelsorganisation (WTO), das Fundament des globalen Handelssystems, befindet sich in einer Notlage. Dementsprechend angespannt ist die Stimmung vor dem nächsten Minister*innen-Treffen im WTO-Rahmen Ende November 2021: Es sind sehr konkrete und wirkungsvolle Ergebnisse nötig, um zu zeigen, dass die Organisation in der Lage ist, auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu reagieren. Die zur Abstimmung vorliegende Resolution enthält vier konkrete Ergebnisse, die in Genf erzielt werden sollten: A) ein multilaterales Abkommen über das Verbot nicht nachhaltiger Fischereisubventionen, B) eine Reaktion auf die Pandemie einschließlich Diskussionen über eine vorübergehende Ausnahmeregelung für Impfstoff-Patente, C) ein Paket zur Landwirtschaft sowie D) der Beginn von tiefgreifenden Reformen an der Organisation. Mit dieser Entschließung demonstriert das Europäische Parlament deutliche Unterstützung für den Multilateralismus und setzt sich für ein erfolgreiches Minister*innen-Treffen ein.
Mehr Mittel für Forschung im EU-Haushalt 2022 – Haushaltsverfahren; Debatte Dienstag, 23.11.2021, ab 15 Uhr, Abstimmungen am Mittwoch, 24.11.2021, 12.30 Uhr bis 14.30 Uhr
Das EU-Parlament verabschiedet den mit Vertreter*innen der Mitgliedstaaten ausgehandelten Kompromiss zum Gesamthaushalt 2022. Die Abgeordneten konnten bei den Verhandlungen durchsetzen, dass es zusätzliche Mittel für wichtige Investitionen geben wird, etwa 100 Mio. Euro mehr als die Kommission vorgeschlagen hatte für Forschung. Auch für Klimaschutz, Studierende und Entwicklungspolitik wird es mehr Mittel geben.
Der Rat hatte zuvor auf weitgehende Kürzungen bestanden, die das Parlament zurückgewiesen hat. Streit gab es auch über die Frage, was mit den Einsparungen durch den geringen Zinssatz für die Rückzahlung der Gelder aus dem Wiederaufbaufonds geschehen soll. Der Rat möchte die freiwerdenden Mittel zur vorzeitigen Rückzahlung verwenden. Die Unterhändler*innen des Parlaments haben die Vorfestlegung für einen Automatismus zurückgewiesen, weil die Margen im Zweifel für Unvorhergesehenes genutzt werden müssen.
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